"Es ist an der Zeit, das Paradigma der sequenziellen Planung zu überwinden und KI-gestützte holistische Lösungen einzusetzen, um die volle Leistungsfähigkeit unserer Talente und somit unser Unternehmen zu erreichen."
"Ziel der Prüfungsplanung ist es, ein Prüfprogramm zu erstellen, welches ein Prüfungsurteil mit hinreichender Sicherheit (Effektivität) und mit vertretbarem Aufwand (Wirtschaftlichkeit und Effizienz) bis zum vereinbarten Termin ermöglicht” EXPERT FOCUS, 2020 | 9, KÜNSTLICHE INTELLIGENZ IN DER PRÜFUNGSPRAXIS
Im Rahmen der Prüfungsplanung werden Wirtschaftsprüfer dazu angehalten, die Art, den Umfang, den Zeitpunkt und den Personaleinsatz der Prüfung zu planen (ISA 300). Aufgrund der Tatsache, dass Prüfungsgesellschaften mehrere Mandate mit zeitlichen Überschneidungen bearbeiten, erfordert dies eine erhöhte Planungs- und Abstimmungsarbeit. Insbesondere die Verfügbarkeit von fachlichen und personellen Ressourcen stellt eine Herausforderung dar. Bereits in dieser frühen Phase der Prüfung können maschinelle Lernverfahren eingesetzt werden, um Prüfungsgesellschaften bei der effektiven Allokation von Ressourcen zu unterstützen.
Abb. 1: Einsatzmöglichkeiten von maschinellen Lernverfahren im Prüfungsprozess, nach EXPERT FOCUS, 2020 | 9, KÜNSTLICHE INTELLIGENZ IN DER PRÜFUNGSPRAXIS, Eine Bestandsaufnahme aktueller Einsatzmöglichkeiten und Herausforderungen, ANITA GIERBL, MARCO SCHREYER, PETER LEIBFRIED, DAMIAN BORTH und Expertsuisse, 2015.
Die Erstellung eines Prüfungsplan ist herausfordernd
Für die Erstellung eines Prüfungsplan muss ein Prüfprogramm erstellt werden, welches das Prüfurteil effektiv und mit vertretbar barem Aufwand (Effizienz) zu einem Stichtag fertig gestellt. Gerade für moderne grössere Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ist das Eine nicht zu vernachlässigen der Herausforderung aufgrund der Komplexität der modernen Prüfmandate. Es müssen Art, Umfang, Zeitpunkt und der effektive Personaleinsatz nach dem Prüfstand ISA 300 eingeplant werden. Da grosse Wirtschaftsprüfungsgesellschaften mehrere Mandate mit zeitlicher Überschneidung prüfen, die in der Regel in ein gleiches Zeitfenster fallen, ergibt sich ein hoher Planungsaufwand. Es müssen nicht nur fachliche Qualifikationen (Skills, formale Qualifikation, Zertifikate, etc.) berücksichtigt werden, sondern auch die personellen Ressourcen (wie Verfügbarkeiten, Präferenzen, Kontinuitäten, Fähigkeiten der einzelnen Mitarbeiter auf Ebene Softskills, Gremienfähigkeit, etc.).
Anforderung nach ISQC
Nach dem ISQC 1.30 sind Wirtschaftsprüfungsgesellschaften dazu angehalten, für jedes Mandat einen verantwortlichen Engagement Partner zu benennen, der über die erforderlichen Kompetenzen, Fähigkeiten und Befugnisse verfügt, um seine Rolle ordnungsgemäß auszuführen. Im Sinne von ISQC 1.31 muss dieser Engagement Partner nur geeignetes Personal mit den erforderlichen Kompetenzen und Fähigkeiten zugewiesen werden gemäß den beruflichen Standards und anwendbaren rechtlichen und behördlichen Anforderungen nach A31. ISQC A30 verlangt Systeme zur Überwachung der Arbeitsbelastung und Verfügbarkeit von Mandatspartnern, um diesen Personen ausreichend Zeit zur angemessenen Erfüllung ihrer Verantwortlichkeiten zu ermöglichen. All diese Anforderungen machen den Einsatz von moderner Technologie wichtiger denn je. Die grosse Herausforderung ist jedoch dieser Planung insbesondere bei grossen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Hier kann der Einsatz von moderner Technologie künstlich Intelligenz entscheidende Wettbewerbsvorteile ermöglichen.
Welche Verfahren werden in der Prüfungsplanung verwendet?
Sequenzielle Planung versus holistische Planung - ein Thema, das sich immer mehr zu einer entscheidenden Fragestellung in der modernen Arbeitswelt entwickelt. Während viele Unternehmen und Anbieter von Personalplanungssoftware sich auf eine sequenzielle Planung konzentrieren und ihr Hauptaugenmerk darauf legen, die besten Matches nur zwischen jeweils einem Talent-Arbeitseinsatz-Paar zu identifizieren, ist es wichtig zu erkennen, dass dies allein nicht ausreicht, um das für ein Unternehmen global optimale Ergebnis zu erzielen. In der Tat sieht man in den Kennzahlen, dass Unternehmen, die ausschließlich auf sequenzielle Planung setzen, oft hinter dem globalen Optimum zurückbleiben.
Um das zu verstehen, müssen wir uns die Wechselwirkungen zwischen Talenten und Mandaten genauer anschauen. Nehmen wir an, ein Unternehmen plant nur ein Talent und ein Mandat zur Zeit (sequenzielle Personalplanungsmethode). Sobald eine neues Talent-Mandatspaar gebildet ist, hat dies unmittelbaren Einfluss auf viele andere (mögliche) Paare im Unternehmen, die nun nicht mehr gebildet werden können. Dieses neue Paar kann suboptimal sein und dazu führen, dass aufgrund der Wechselwirkungen an anderer Stelle im Unternehmen schlechte Planungen entstehen. Somit verschlechtert sich das Gesamtergebnis für das Unternehmen ohne, dass ein Mensch verstehen kann, warum. Es besteht also dringender Bedarf nach einer ganzheitlichen Perspektive, die alle Talente und Mandate gleichermaßen betrachtet. Außerdem werden durch die Reihenfolge der Planung zwangsläufig Biases auftreten, denn früh geplante Paare haben mehr Freiheitsgrade, die in die Planung einfließen können, als später geplante Paare, wenn der Pool schon erschöpft ist.
Warum ist holistische Planung der sequentiellen überlegen?
Ein entscheidender Aspekt bei der holistischen Personaleinsatzplanung ist die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI). Die Komplexität einer solchen Planung ist enorm. Um nur 100 Talente zu planen, müssten rund 10^160 mögliche Kombinationen berücksichtigt werden. Diese Zahl ist größer als die geschätzte Anzahl der Atome im Universum, die auf 10^84 geschätzt wird. In dieser Komplexität müssen verschiedene Faktoren wie Fähigkeiten, Qualifikationen, Verfügbarkeiten und sogar weichere Faktoren wie Effizienz und vergangene Zusammenarbeit berücksichtigt werden. Nur durch den Einsatz von KI und intelligenten Algorithmen ist es möglich, diese immense Menge an Daten zu verarbeiten und das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.
Abb. 2: Eine Mandatsplanung zu finden, die die Präferenzen von Talenten, dem Unternehmen und den Kunden in Einklang bringt, ist für menschliche Planer fast unmöglich wie aus einem Rechenbeispiel hervorgeht: Um nur 100 Talente zu planen, müssen rund 10^160 mögliche Kombinationen berücksichtigt werden (Zum Vgl. beträgt die geschätzte Anzahl Atome im Universum 10^84).
Meist reicht auch nicht ein einzelner Algorithmus aus, sondern man muss auf verschiedene Algorithmenklassen und -familien vertrauen. Je nach Komplexität und Anforderung der Planung muss aus einem Algorithmenportfolio der jeweils geeignetste identifiziert und genutzt werden. Unsere Erfahrung bei aspaara AG hat gezeigt, dass bei einem Pool von 500 Talenten bis zu 17 verschiedene Algorithmenklassen bemüht werden müssen, Um eine wirklich gute Abbildung des Unternehmens zu erhalten, da die einzelnen Bereiche unterschiedliche Planungsanforderungen haben (z.B. einzelne Büros, Kostenstellen oder Abteilungen planen anders und haben besondere Regeln). Algorithmenklassen werden nach Komplexität (i.d.R. Platzkomplexität und Zeitkomplexität), Maschinenfähigkeit (i.d.R. deterministisch, nicht-deterministisch, quantenmechanisch oder randomisiert) sowie nach dem eingesetzten Verfahren und der Problemstellung (Entscheidungsfindung vs. Optimierung) klassifiziert. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl an Fachgebietsspezifischen Algorithmenklassen.
Viele Lösungsanbieter fokussieren sich bisher auf sequenzielle Planung und somit hauptsächlich darauf, beste Matches zwischen Talenten und Aufgaben zu finden, ohne die zugrunde liegende Komplexität der Wechselwirkungen zu berücksichtigen. Dieses Vorgehen ist zwar nützlich für die Identifizierung von geeigneten Talenten für bestimmte einzelne Aufgaben, erreicht jedoch nicht das globale Optimum. Es bleibt eine entscheidende Lücke zwischen den Möglichkeiten der sequenziellen Planung und der holistischen Betrachtung aller Talent und Mandate.
Wir müssen uns bewusst machen, dass die Folgen einer suboptimalen Personaleinsatzplanung erheblich sein können. Unternehmen, die sequenzielle Planung als alleinige Strategie verwenden, können mit sinkender Effektivität, ineffizienter Arbeitsaufteilung und ungenutztem Potenzial ihrer Talente konfrontiert sein. Um diese Herausforderungen zu meistern und das globale Optimum zu erreichen, ist eine holistische Planung mit KI-Integration unumgänglich.
Welche Ergebnisse sind bei holistischer Planung zu erwarten?
So hat unsere Arbeit mit Kunden ergeben, dass i.d.R. 3-9% mehr Auslastung und zwischen 1-14% mehr Bruttomarge durch eine holistische Planung möglich sind. Gleichzeitig können über die Hälfte an Konfliktstunden reduziert werden. Auch die Mitarbeiterzufriedenheit kann durch eine ganzheitliche Planung dahingehend optimiert werden, dass bis zu 95% (mind. jedoch 80%) der Talente ihre bevorzugten Mandate erhalten.
In der modernen Arbeitswelt sind Innovation und Fortschritt untrennbar mit der Nutzung des vollen Potenzials unserer Talente verbunden. Mit einer holistischen Personaleinsatzplanung können Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sicherstellen, dass sie alle Ressourcen optimal nutzen und die Unternehmenskennwerte verbessern.
Es ist an der Zeit, das Paradigma der sequenziellen Planung zu überwinden und KI-gestützte holistische Lösungen einzusetzen, um die volle Leistungsfähigkeit unserer Talente und somit unser Unternehmen zu erreichen. Unternehmen, die sich ausschliesslich auf sequenzielle Planung beschränken, werden zwangsläufig hinter dem Marktumfeld zurückbleiben. Es ist an der Zeit, den Blick auf eine ganzheitliche Personaleinsatzplanung zu richten und die Vorteile, KI heutzutage leisten kann, hierbei zu nutzen.
Der Artikel wurde ursprünglich auf LinkedIn publiziert und ist unter folgendem Link erreichbar:
Hintergrund: Was ist sequentielle und holistische Personaleinsatzplanung?
Was ist sequenzielle Personaleinsatzplanung? Hierbei handelt es sich um die gängige Planungsmethode, die aufgrund fehlender Rechenleistung und kommerziell verfügbarer Anwendungen heutzutage weiterhin weit verbreitet ist. Hierbei unterteilt man das Gesamtproblem in einzelne Talent–Arbeitseinsatz-Paare. Man versucht dann für jedes Talent einen bestmöglichen Arbeitseinsatz zu finden oder andersherum. Man geht bei der sequenziellen Planung also von Paar zu Paar, um den Komplexitätsraum zu reduzieren, und betrachtet nicht den gesamten Personalkörper zugleich, um das globale Optimum zu finden.
Was ist holistische Personaleinsatzplanung? Hierbei handelt es sich um eine Methode bei der, im Gegensatz zu sequenzielle Personaleinsatzplanung, das Gesamtproblem nicht in einzelne Planungsschritte zerteilt wird und diese einzelnen Schritte jeweils zu lösen versucht wird, sondern man behält das Gesamtproblem, das die gesamte Population an Talenten und Arbeitseinsätzen einschliesst, im «Arbeitsspeicher». Diese Personaleinsatzplanungsmethode ist erst durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz und den heutigen Rechenkapazitäten möglich geworden. Klassische Algorithmen scheitern hier aufgrund der schieren Komplexität der Herausforderung.
Quellen
EXPERT FOCUS, 2020 | 9, KÜNSTLICHE INTELLIGENZ IN DER PRÜFUNGSPRAXIS Eine Bestandsaufnahme aktueller Einsatzmöglichkeiten und Herausforderungen, Dr. Anita Gierbl, Marco Schreyer, PETER LEIBFRIED, DAMIAN BORTH.
Expertsuisse, 2015.
Expertsuisse, 2015.
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